Der erste Schock: Wenn die Diagnose euer Leben verändert
Die Nachricht trifft Eltern meist völlig unvorbereitet: „Ihr Kind hat Diabetes Typ 1.“ Ein Moment, der das Familienleben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf stellt. Plötzlich prasseln Informationen, medizinische Fachbegriffe und neue Verantwortungen auf euch ein – in einer Zeit, in der ihr emotional ohnehin schon überwältigt seid. In diesem Artikel möchten wir euch als Eltern in dieser herausfordernden Situation Orientierung geben. Wir erklären, was in den ersten Tagen und Wochen nach der Diagnose wichtig ist, welche Unterstützung ihr bekommen könnt und wie ihr gemeinsam als Familie mit dieser neuen Situation umgehen könnt. Denn eines ist sicher: Ihr seid nicht allein, und mit der richtigen Unterstützung wird euer Kind ein glückliches, aktives und erfülltes Leben führen können.
Factsheet
Der erste Schock ist normal – diese ersten Schritte aus dem Artikel geben euch schnell wieder Halt.
- Schock zulassen, Gefühle teilen und Hilfe suchen
- Typ 1 ist autoimmun – niemand hat Schuld
- Blutzucker messen & Insulin geben retten Leben
- Klinikstart bringt Schulung & stabile Werte
- Wichtig – Unterzucker erkennen: Zittern, Schwitzen; 15 g Zucker, 15 Min warten
- Kind altersgerecht einbeziehen, Verantwortung schrittweise abgeben
- Schule/Kindergarten mit Notfallplan & Pflegegrad informieren
- Familienalltag bewahren, diabetesfreie Zeiten schaffen
- Technikfortschritt & Forschung eröffnen neue Chancen
Die ersten Schritte nach der Diagnose
1. Den ersten Schock verarbeiten
Die Diagnose Diabetes Typ 1 bei einem Kind löst bei Eltern ein Wechselbad der Gefühle aus: Typische emotionale Reaktionen:
- Schock und Unglaube: „Das kann nicht sein, da muss ein Fehler vorliegen.“
- Angst und Sorge: „Wird mein Kind ein normales Leben führen können?“
- Schuldgefühle: „Habe ich etwas falsch gemacht? Hätte ich es verhindern können?“
- Überforderung: „Wie soll ich das alles schaffen und verstehen?“
- Trauer: „Unser unbeschwertes Leben ist vorbei.“
Diese Reaktionen sind völlig normal und Teil des Verarbeitungsprozesses. Wichtig ist zu wissen: „Die Diagnose Diabetes Typ 1 bei einem Kind ist für keine Eltern einfach zu akzeptieren. Erlaubt euch, diese Gefühle zu haben, aber wisst auch: Mit der Zeit wird es besser, und ihr werdet als Familie an dieser Herausforderung wachsen.“ – Dr. Sabine Müller, Kinderdiabetologin Erste Schritte zur emotionalen Bewältigung:
- Gefühle zulassen: Es ist in Ordnung, traurig, wütend oder überfordert zu sein
- Darüber sprechen: Mit Partner, Familie, Freunden oder Fachleuten
- Informationen suchen: Wissen reduziert Ängste
- Kontakt zu anderen betroffenen Eltern: Der Austausch mit Menschen in ähnlicher Situation hilft
- Professionelle Unterstützung annehmen: Psychologische Beratung kann den Verarbeitungsprozess erleichtern
2. Was ist Diabetes Typ 1 eigentlich?
Um die neue Situation bewältigen zu können, ist ein Grundverständnis der Erkrankung wichtig: Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:
- Autoimmunerkrankung: Das Immunsystem des Körpers zerstört die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse
- Keine Schuldfrage: Weder ihr noch euer Kind habt die Erkrankung verursacht
- Nicht durch Ernährung verursacht: Zu viel Zucker oder falsches Essen ist nicht der Grund
- Nicht ansteckend: Geschwister und Freunde können sich nicht anstecken
- Lebenslange Erkrankung: Aktuell nicht heilbar, aber sehr gut behandelbar
- Therapie notwendig: Insulin muss von außen zugeführt werden
- Lebensperspektive: Mit guter Behandlung können Kinder mit Diabetes ein normales Leben führen
Die Rolle von Insulin:
- Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon
- Es transportiert Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen
- Ohne Insulin steigt der Blutzucker an und die Zellen „hungern“
- Bei Typ-1-Diabetes muss Insulin regelmäßig gespritzt oder per Pumpe verabreicht werden
Diese Basisinformationen helfen euch, die Behandlung besser zu verstehen und eurem Kind die Situation altersgerecht zu erklären.
3. Die ersten medizinischen Schritte
Nach der Diagnose überschlagen sich oft die Ereignisse: Typischer Ablauf nach der Erstdiagnose:
- Stationärer Aufenthalt: Meist 1-2 Wochen im Krankenhaus
- Stoffwechselstabilisierung: Einstellung des Blutzuckers
- Einführung in die Insulintherapie: Erlernen der Injektionstechnik
- Schulung der Grundlagen: Blutzuckermessung, Insulindosierung, Hypoglykämie-Behandlung
- Entlassungsplanung: Organisation der ambulanten Weiterbetreuung
- Erste Schritte zu Hause: Begleitung bei der Umsetzung im Alltag
Das solltet ihr vom Klinikaufenthalt mitnehmen:
- Notfallnummern: Wer ist bei Problemen erreichbar?
- Grundlegende Fertigkeiten: Blutzucker messen, Insulin spritzen, Unterzucker erkennen
- Individueller Therapieplan: Insulindosen, Messfrequenz, Zielwerte
- Erste Materialien: Ausreichend Teststreifen, Insulin, Pen-Nadeln für die ersten Tage
- Termine: Nächster Ambulanztermin, Schulungstermine
- Diabetestagebuch: Zur Dokumentation der Werte und Insulindosen
Nutzt die Zeit im Krankenhaus, um so viele Fragen wie möglich zu stellen – es gibt keine dummen Fragen in dieser Situation.
Praktisches Wissen für den Alltag mit Diabetes
4. Die wichtigsten Begriffe verstehen
Die Diabetes-Fachsprache kann anfangs überwältigend sein. Hier die wichtigsten Begriffe: Grundlagen-Glossar:
- Blutzucker (BZ): Menge an Glukose im Blut, gemessen in mg/dl oder mmol/l
- HbA1c: Langzeitblutzuckerwert, zeigt die durchschnittliche Blutzuckereinstellung der letzten 2-3 Monate
- Insulin: Hormon, das den Blutzucker senkt
- Bolus-Insulin: Schnell wirkendes Insulin zu den Mahlzeiten
- Basal-Insulin: Lang wirkendes Insulin für die Grundversorgung
- Kohlenhydrateinheit (KE/BE): Maßeinheit für Kohlenhydrate (1 KE/BE = 10-12g Kohlenhydrate)
- Hypoglykämie (Unterzucker): Zu niedriger Blutzucker (unter 70 mg/dl)
- Hyperglykämie (Überzucker): Zu hoher Blutzucker (über 180 mg/dl)
- Ketoazidose: Gefährliche Stoffwechselentgleisung bei Insulinmangel
Typische Behandlungsbegriffe:
- ICT (Intensivierte konventionelle Therapie): Behandlung mit mehreren Insulininjektionen täglich
- CSII (Kontinuierliche subkutane Insulininfusion): Insulinpumpentherapie
- CGM (Kontinuierliche Glukosemessung): Sensorsystem zur fortlaufenden Blutzuckermessung
- FGM (Flash-Glukose-Monitoring): Sensorsystem mit Scanfunktion
Ein Verständnis dieser Grundbegriffe hilft euch, Gespräche mit dem medizinischen Team besser zu verstehen und selbstbewusster in die Behandlung einzusteigen.
5. Die praktische Diabetesbehandlung im Alltag
Die tägliche Behandlung besteht aus mehreren Komponenten: Kernelemente der Diabetestherapie:
- Regelmäßige Blutzuckermessung: Je nach Alter 6-10 mal täglich
- Insulingabe: Angepasst an Blutzucker, Mahlzeiten und Aktivität
- Kohlenhydratberechnung: Einschätzung der Nahrungsmenge für die Insulindosierung
- Dokumentation: Führen eines (digitalen) Diabetestagebuchs
- Regelmäßige Kontrollen: Ambulanztermine alle 3 Monate
Praktische Umsetzung:
- Etabliert feste Routinen für Messungen und Insulingaben
- Teilt die Verantwortung zwischen den Eltern auf
- Bezieht das Kind altersgerecht ein
- Nutzt Erinnerungssysteme (Handyalarm, Apps)
- Legt Notfallsets an verschiedenen Orten an (zu Hause, Schule, Auto)
„In den ersten Wochen fühlt sich alles kompliziert und überwältigend an. Aber was anfangs wie ein unüberwindbarer Berg erscheint, wird mit der Zeit zur normalen Routine werden. Gebt euch und eurem Kind diese Zeit.“ – Lisa, Mutter eines 8-jährigen mit Diabetes Typ 1
6. Unterzuckerungen erkennen und behandeln
Hypoglykämien (Unterzuckerungen) gehören zu den häufigsten Akutsituationen: Anzeichen einer Unterzuckerung:
- Körperliche Symptome: Zittern, Schwitzen, Herzklopfen, Blässe
- Hunger, Übelkeit: Plötzliches starkes Hungergefühl
- Konzentrationsprobleme: Unaufmerksamkeit, verlangsamtes Denken
- Verhaltensänderungen: Gereiztheit, Aggressivität, Verwirrtheit
- Bei kleinen Kindern: Weinerlichkeit, blasses Aussehen, ungewöhnliches Verhalten
Die 15/15-Regel bei Unterzucker:
- Bei Symptomen und einem Blutzucker unter 70 mg/dl: 15g schnell resorbierbare Kohlenhydrate geben (z.B. Traubenzucker, Saft)
- 15 Minuten warten
- Blutzucker erneut messen
- Bei weiterhin niedrigem Wert: Schritt 1-3 wiederholen
- Bei normalem Wert: Kleine kohlenhydrathaltige Zwischenmahlzeit (wenn die nächste Hauptmahlzeit noch länger als 1 Stunde entfernt ist)
Bei schwerer Unterzuckerung (Bewusstlosigkeit):
- Keine feste Nahrung geben (Erstickungsgefahr!)
- Glukagon-Notfallset verwenden (wird vom Arzt verschrieben)
- Notruf 112 wählen
- Kind in stabile Seitenlage bringen
Übt den Umgang mit Unterzuckerungen regelmäßig und informiert alle Betreuungspersonen über die richtigen Maßnahmen.
7. Besonderheiten bei Kindern verschiedener Altersgruppen
Die Diabetestherapie muss an das Alter des Kindes angepasst werden: Kleinkinder (0-5 Jahre):
- Herausforderungen: Können Symptome nicht artikulieren, unvorhersehbares Essverhalten, rasche Stoffwechseländerungen
- Empfehlungen: Häufigere Messungen, flexible Insulingabe, höhere Zielwerte zur Vermeidung von Unterzuckerungen
- Verantwortung: Liegt vollständig bei den Eltern
- Hilfsmittel: CGM-Systeme besonders hilfreich, Insulinpumpentherapie oft vorteilhaft
Grundschulkinder (6-11 Jahre):
- Herausforderungen: Wechselnde Betreuungspersonen, Aktivitäten mit Freunden, Schulalltag
- Empfehlungen: Beginn der schrittweisen Einbeziehung des Kindes, einfache Erklärungen
- Verantwortung: Hauptsächlich bei Eltern, Kind übernimmt erste kleine Aufgaben
- Hilfsmittel: Kindgerechte Erklärungsmaterialien, einfache Regeln
Jugendliche (12+ Jahre):
- Herausforderungen: Ablösungsprozess, Bedürfnis nach Autonomie, Pubertät (Hormonveränderungen)
- Empfehlungen: Schrittweise Übergabe der Verantwortung, offene Kommunikation
- Verantwortung: Zunehmend beim Jugendlichen, Eltern als Unterstützer im Hintergrund
- Hilfsmittel: Apps, Peer-Groups, Jugendfreizeiten
Jede Altersphase bringt eigene Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten mit sich. Das Diabetesteam unterstützt euch dabei, die Behandlung an die jeweilige Entwicklungsphase anzupassen.
Die Familie im Fokus: Gemeinsam den Diabetes meistern
8. Diabetes als Familiensache
Die ganze Familie ist von der Diabetesdiagnose betroffen: Auswirkungen auf die Familienstruktur:
- Zeitaufwand: Diabetesmanagement benötigt Zeit und Aufmerksamkeit
- Emotionale Belastung: Alle Familienmitglieder müssen die Situation verarbeiten
- Veränderter Alltag: Neue Routinen, mehr Planung, weniger Spontaneität
- Verschiebung der Prioritäten: Gesundheit rückt stärker in den Fokus
Strategien für ein ausgewogenes Familienleben:
- Verantwortung teilen: Beide Elternteile einbeziehen
- Geschwister nicht vergessen: Auch sie brauchen Aufmerksamkeit und Verständnis
- Diabetesfreie Zeiten: Bewusst Momente schaffen, in denen Diabetes nicht Thema Nr. 1 ist
- Familienrituale beibehalten: Gewohnte Aktivitäten fortführen
- Offen kommunizieren: Altersgerechte Gespräche über Ängste und Bedürfnisse führen
Es kann hilfreich sein, sich für die ersten Wochen und Monate externe Unterstützung zu organisieren (z.B. durch Großeltern, Freunde), um als Eltern nicht vollständig von der neuen Situation absorbiert zu werden.
9. Wie spreche ich mit meinem Kind über Diabetes?
Die Art der Kommunikation prägt die Einstellung des Kindes zu seiner Erkrankung: Grundprinzipien der Kommunikation:
- Altersgerechte Erklärungen: Komplexität dem Verständnis anpassen
- Ehrlich bleiben: Keine falschen Versprechen („Es wird bald geheilt sein“)
- Positiv formulieren: „Wir lernen, damit umzugehen“ statt „Du musst damit leben“
- Normalisieren: „Viele Kinder haben besondere Aufgaben, deine ist der Diabetes“
- Raum für Gefühle geben: Frustration, Trauer und Wut zulassen
Beispiele für altersgerechte Erklärungen:
- Für Kleinkinder: „Dein Körper braucht eine besondere Medizin namens Insulin, damit du stark und gesund bleibst.“
- Für Grundschulkinder: „In deinem Körper gibt es kleine Helfer, die den Zucker aus dem Blut in die Muskeln bringen. Bei dir sind diese Helfer in den Urlaub gefahren, deshalb müssen wir sie mit Spritzen ersetzen.“
- Für Jugendliche: „Dein Immunsystem hat versehentlich die Zellen angegriffen, die Insulin produzieren. Deshalb müssen wir das Insulin von außen zuführen, damit dein Körper Energie gewinnen kann.“
Hilfreiche Materialien:
- Kinderbücher über Diabetes
- Altersgerechte Diabetes-Apps
- Stofftiere mit „Diabetes“ (z.B. mit Insulinpens und Messgeräten)
- Videos und Animationen zur Erklärung
- Bilder zum Ausmalen
Sucht euch Materialien, die zur Persönlichkeit eures Kindes passen, und seid bereit, Fragen immer wieder neu zu beantworten.
10. Geschwisterkinder nicht vergessen
Geschwister von Kindern mit Diabetes benötigen besondere Aufmerksamkeit: Typische Reaktionen von Geschwistern:
- Eifersucht auf die zusätzliche Aufmerksamkeit, die das erkrankte Kind erhält
- Sorge um den Bruder oder die Schwester
- Überforderung durch neue Verantwortung
- Schamgefühle gegenüber Freunden
- Verunsicherung durch die veränderte Familiendynamik
Unterstützung für Geschwisterkinder:
- Exklusive Zeit einplanen, die nur dem Geschwisterkind gehört
- Altersgerechte Informationen zum Diabetes geben
- Gefühle validieren: „Es ist okay, manchmal wütend oder eifersüchtig zu sein“
- Einbeziehen ohne zu überfordern: Kleine, freiwillige Aufgaben anbieten
- Geschützte Bereiche schaffen, in denen das Geschwisterkind „Vorrang“ hat
- Spezielle Geschwisterseminare oder -freizeiten nutzen
Achtet darauf, dass Geschwister nicht zu „Mini-Erwachsenen“ oder „Co-Betreuern“ werden, sondern ihr Kindsein bewahren können.
Der erweiterte Unterstützungskreis: Schule, Betreuung, Hilfsangebote
11. Kindergarten und Schule gut informieren
Der Übergang zurück in Kindergarten oder Schule braucht sorgfältige Vorbereitung: Vorbereitung des Schulstarts:
- Gesprächstermin vereinbaren: Mit Lehrern/Erziehern, Schulleitung, Schulsozialarbeiter
- Diabetesteam einbeziehen: Viele Teams bieten Schulbesuche und Fortbildungen an
- Informationsmaterial bereitstellen: Kompakte Handouts für Betreuungspersonen
- Notfallpläne erstellen: Schriftliche Anweisungen für Unterzucker, Überzucker, Sport
- Materialien in der Einrichtung deponieren: Mess-Set, Traubenzucker, Ersatzinsulin
Wichtige zu klärende Punkte:
- Wer misst den Blutzucker? Wer gibt Insulin?
- Wo werden die Materialien aufbewahrt?
- Wie wird mit besonderen Situationen umgegangen (Sport, Ausflüge, Feiern)?
- Muss ein Notfallset in der Einrichtung sein?
- Wie werden andere Kinder/Eltern informiert?
Rechtliche Aspekte:
- In Deutschland gibt es keine generelle Insulingabepflicht für Lehrer/Erzieher
- Individuelle Vereinbarungen sind aber möglich und üblich
- Bei Unklarheiten: Diabetesberatungsstellen oder Sozialverbände konsultieren
Ein gut informiertes Umfeld gibt sowohl eurem Kind als auch euch als Eltern Sicherheit.
12. Finanzielle und organisatorische Unterstützung
Diabetes bei einem Kind bringt zusätzliche Belastungen mit sich: Wichtige finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten:
- Pflegegrad: Kinder mit Diabetes haben in der Regel Anspruch auf Pflegegrad 2 oder 3
- Schwerbehindertenausweis: Meist 50-70% GdB (Grad der Behinderung)
- Zuzahlungsbefreiung: Bei gesetzlicher Krankenversicherung möglich
- Steuererleichterungen: Außergewöhnliche Belastungen, erhöhter Behindertenpauschbetrag
- Krankengeld bei Betreuung: Bei akuten Problemen oder Krankheit des Kindes
- Haushaltshilfen: In bestimmten Situationen von der Krankenkasse finanziert
Wichtige Anlaufstellen:
- Diabetesberatung im Behandlungszentrum
- Sozialdienste der Kliniken
- Selbsthilfeverbände (z.B. Deutscher Diabetiker Bund, diabetesDE)
- Jugendamt (für Integration in Schulen/Kindergärten)
- Krankenkassen-Fallmanager
Scheut euch nicht, alle Unterstützungsmöglichkeiten auszuschöpfen – sie sind dafür da, euch die neue Situation zu erleichtern.
13. Schulungen und Fortbildungen für die ganze Familie
Wissen gibt Sicherheit – und dieses Wissen kann strukturiert erworben werden: Schulungsprogramme für Familien:
- DELFIN (für Familien mit Kindern unter 6 Jahren)
- KiDS (für Familien mit Schulkindern)
- Fit for Life (für Familien mit Teenagern)
- Elternschulung VERDI (ergänzend zur Kinderschulung)
Weitere Bildungsangebote:
- Nachschulungen: Regelmäßige Auffrischung und Vertiefung
- Spezialisierte Workshops: Zu Themen wie Sport, Pubertät, Technik
- Digitale Angebote: Webinare, Online-Kurse
- Angehörigenschulungen: Für Großeltern, Betreuer, Lehrer
Die meisten Schulungen werden von den Krankenkassen finanziert. Fragt in eurem Diabeteszentrum nach passenden Angeboten für eure Familie.
Der Blick nach vorn: Langfristige Perspektiven
14. Auf dem Weg zur Selbstständigkeit
Ziel der Diabeteserziehung ist die schrittweise Übernahme der Verantwortung durch das Kind selbst: Altersgerechte Einbeziehung:
- 3-6 Jahre: Kleine Aufgaben wie Stellen des CGM-Sensors
- 6-8 Jahre: Blutzuckermessen unter Aufsicht, Vorbereiten der Materialien
- 8-10 Jahre: Einfache Insulingaben unter Aufsicht, Kohlenhydrate schätzen
- 10-12 Jahre: Selbstständige Routineaufgaben, Eltern überprüfen
- 12-14 Jahre: Zunehmende Eigenverantwortung mit elterlicher Unterstützung
- 14+ Jahre: Weitgehend selbstständiges Management, Eltern als Berater
Wichtige Prinzipien:
- Kein Druck: Jedes Kind hat sein eigenes Tempo
- Schrittweise Übergabe der Verantwortung
- Sicherheitsnetz bleibt bestehen
- Regelmäßige Erfolgserlebnisse schaffen
- Fehler als Lernchancen begreifen
„Unser Sohn hat mit 10 Jahren begonnen, sein Insulin selbst zu spritzen. Anfangs haben wir jede Dosis überprüft, mit der Zeit wurde er immer sicherer. Die größte Herausforderung war, ihm zu vertrauen und loszulassen – aber heute, mit 14, managt er seinen Diabetes weitgehend selbst und kommt prima zurecht.“ – Michael, Vater eines Teenagers mit Diabetes
15. Positive Perspektiven vermitteln
Trotz der Herausforderungen ist es wichtig, eine optimistische Grundhaltung zu entwickeln: Gründe für Zuversicht:
- Medizinischer Fortschritt: Immer bessere Technologien vereinfachen die Therapie
- Forschung: Intensive Arbeit an neuen Behandlungsmethoden und Heilungsansätzen
- Rollenvorbilder: Viele erfolgreiche Sportler, Künstler und andere Persönlichkeiten leben mit Diabetes
- Lebensperspektive: Mit guter Behandlung steht eurem Kind die Welt offen
- Persönlichkeitsentwicklung: Viele Kinder mit Diabetes entwickeln besondere Stärken wie Verantwortungsbewusstsein, Empathie und Resilienz
Wie ihr positives Denken fördern könnt:
- Erfolge feiern, auch kleine
- Kontakt zu anderen Kindern mit Diabetes herstellen
- Diabetes nicht als Entschuldigung für Einschränkungen nutzen
- Offen über Zukunftspläne sprechen
- Ermutigen, Träume zu verfolgen – mit Diabetes, nicht trotz Diabetes
Die Diagnose Diabetes ist nicht das Ende, sondern der Beginn eines anderen, aber dennoch erfüllten Lebenswegs.
Fazit: Gemeinsam stark – die ersten Schritte auf dem neuen Weg
Die Diagnose Diabetes Typ 1 bei eurem Kind stellt euer Familienleben zunächst auf den Kopf. Doch mit der richtigen Unterstützung, fundiertem Wissen und einer positiven Einstellung werdet ihr diese Herausforderung meistern. Das Wichtigste in dieser neuen Situation:
- Nehmt euch Zeit: Die Anpassung braucht Wochen und Monate, nicht Tage
- Sucht Unterstützung: Ihr müsst nicht alles alleine schaffen
- Lernt kontinuierlich: Wissen gibt Sicherheit und Selbstvertrauen
- Wahrt die Balance: Das Leben besteht aus mehr als Diabetes
- Bleibt als Familie verbunden: Gemeinsam seid ihr stärker
- Bewahrt eine positive Perspektive: Mit guter Betreuung hat euer Kind alle Chancen
Denkt daran: Ihr seid nicht die ersten Eltern, die diesen Weg gehen. Tausende Familien vor euch haben gelernt, mit Diabetes zu leben, und viele berichten, dass sie als Familie an dieser Herausforderung gewachsen sind. Der Weg wird nicht immer leicht sein, aber mit jedem Tag werdet ihr sicherer und erfahrener im Umgang mit der Erkrankung eures Kindes. Und irgendwann wird der Tag kommen, an dem Diabetes zwar Teil eures Lebens, aber nicht mehr sein Mittelpunkt ist.
Hat euer Kind kürzlich die Diagnose Diabetes erhalten? Unsere Diabetes-Schwerpunktpraxis für Kinder und Jugendliche bietet spezialisierte Betreuung und Beratung für die ganze Familie. In einem persönlichen Gespräch beantworten wir eure Fragen und entwickeln gemeinsam einen individuellen Betreuungsplan für euer Kind.
Kontakt:
Diabeteszentrum Weyhausen
Telefon: 05362 178478
E-Mail: info@diabetes-weyhausen.de
Webseite: www.diabetes-weyhausen.de